The Witcher 2: Assassins of Kings
Es lebe der König!
Es gibt dankenswerterweise immer wieder Früchte menschlicher Kreativität, die einen für einige Tage in eine Hochstimmung zu versetzen verstehen, die einen zu einem glücklichen Menschen machen. Ich werde Leute die die Gabe haben, so etwas bei ihrem Publikum zu erreichen, immer beneiden. Und bewundern. Im Monat Mai diesen Jahres hat Andrzej Sapkowski in diesen Kreis meiner Helden und Heldinnen dauerhaft und triumphal seinen Einzug gehalten. Dieser sich seinem Ende zuneigende Mai war mein Hexer-Monat. Ich habe
nach zweijähriger Pause The Witcher noch einmal gespielt. Ich habe alle fünf Romane der Hexer-Saga in einem Ritt zum ersten Mal durchgeschmökert. Und parallel dazu The Witcher 2: Assassins of Kings zweieinhalbmal absolviert. Nun bin ich bis zum Rand voll und könnte platzen vor Zufriedenheit. Es ist schön, sich auf hohem Niveau unterhalten zu lassen!
Ich habe hier in einem Vorgängertext vor kurzem meine Gedanken zum ersten Witcher-Spiel
aufgeschrieben. Seither habe ich viel über seine Welt gelernt und nicht zuletzt den Nachfolger gespielt. Es gibt deswegen nichts davon zu revidieren, was ich damals geschrieben habe („damals“ in Bezug auf so wenige Tage ist natürlich eigentlich absurd – doch im Rahmen meiner zwischenzeitlich erlangten Kenntnisse von Sapkowskis Werk erscheint es mir gerechtfertigt). Aber ich muss einen Aspekt deutlich vertiefen, den ich bei meiner Besprechung mangels Kenntnis der Romane noch nicht weit genug verfolgen konnte.
Die beiden Witcher – Spiele sind Fanfiction. Hier wird nicht einfach nur eine Franchise auf den Videospielbereich erweitert. Im Gegenteil, die beiden Spiele von CDP sind die Antithese zur gängigen Praxis der Franchise-Verwurstung. Die Hexer-Saga ist zu Ende erzählt. Die Geschichte um Geralt, Yennefer und Ciri hat ihren Abschluss gefunden – einen grandiosen,
traurig-schönen, dramatischen Abschluss. Wer vermag die Tränen zu zählen? So hat ein Epos gefälligst die Leute zurück zu lassen, wenn es was taugt: in völliger Auflösung. Kann er doch nicht machen! Sapkowski, Du grausames Scheusal, wie tust Du uns allen weh! Seit Coopers Blick in den Spiegel am nie aufgelösten Cliffhanger-Ende von Twin Peaks war das Heulen und Zähneklappern einer bis in ihre tiefste Seele hinein verletzten Anhängerschar womöglich nie
so groß wie hier. Das Ende von Winnetou 3. Sherlock Holmes und Moriarty an den Reichenbach Fällen. Auf diesem Tragik-und-Rührungs-Niveau bewegen wir uns hier.
Auftritt CDP. Was machen die Jungs? Ich stelle mir die ersten Gespräche zu The Witcher so vor, dass da ein paar eingefleischte Fans der Sapkowski-Bücher an einem Tisch sitzen, und jeder zählt seine Lieblingsfacetten dieser Welt auf. Und auf dieser Grundlage entwickeln sie das Spiel. Natürlich machen sie auch Konzessionen an die Notwendigkeiten eines Videospiels. Bei Sapkowski sind Geralts magische und alchemistische Fähigkeiten zwar in den Kurzgeschichten beschrieben, bilden aber auch in ihnen schon nicht den Schwerpunkt. In den Romanen treten sie dann völlig in den Hintergrund und Geralt ist wenig mehr als ein Schwertkämpfer mit übermenschlicher Konstitution und Reflexen. Für das Rollenspiel bohrt CDP Alchemie und Zeichen-System deutlich auf (sie erfinden sogar zwei Zeichen, die bei Sapkowski nicht vorkommen) und schafft damit für den Spieler die Möglichkeit, seinen Geralt in drei verschiedene Fähigkeits-Richtungen zu entwickeln. Was aber die Geschichte angeht, so reicht sich hier für den Kenner der Bücher ein Aha-Effekt mit dem nächsten die Hand. Nicht alles davon gelingt hundertprozentig und der offensichtliche Versuch, aus Alvin in Teil 1 für Geralt so etwas wie eine zweite Ciri zu machen, muss sogar als gänzlich gescheitert angesehen werden. Trotzdem bleibt unter dem Strich eine sehr behutsame, respektvolle und liebenswerte Huldigung von Sapkowskis Meisterschaft zu konstatieren. Was die Witcher-Spiele zu einer enormen Ausnahme in der gegenwärtigen Videospiellandschaft macht, wo
man es ja in der Regel nicht einmal innerhalb der Gattung hinbekommt, einmal zu Ruhm gelangte Urväter in würdevoller Art und Weise wiederzubeleben oder weiter zu führen.
Doch die Witcher-Spiele sind noch etwas mehr als ein reines Best-of ergebener Fans der literarischen Vorlage. Sie sind deren erzählerische Weiterführung in einem anderen Medium. Eine äußerst heikle Sache. CDP spinnt den Faden von Sapkowski weiter. Es wird einen dritten Teil geben. Geralt wird Yennefer wieder sehen (und diese wird mit Triss ein ernstes Wörtchen
zu reden haben …). Die Wilde Jagd sucht immer noch nach ihnen. Die Elfen vom Erlenvolk wollen immer noch in diese Welt. Ich würde mich nicht wundern, wenn in Teil 3 sogar Ciri auftaucht. Was CDP hier macht, hat bisher im Genre nicht wirklich eine Entsprechung. Man wird diesen Spielen nicht vollständig gerecht, wenn man sie nicht in Bezug zu den Büchern setzt. Was natürlich eine Zumutung für jeden Redakteur darstellt. CDP bietet hier dem Kenner der Bücher eine zusätzliche Erfahrungsebene beim Spielen, die sich dem Nicht-Eingeweihten verschließt. Für den einen erreichen sie so ein ganz neues Niveau der Immersion. Die sich den anderen verschließt und die gerade beim Spielen des zweiten Teiles angesichts all der Namen und nur kurz angerissenen Hintergründe häufig für Überforderung
sorgen muss. Die beiden Witcher-Spiele sind nicht der ganze Teil des Kanons und der Geschichte. Erst mit den beiden Kurzgeschichten-Bänden und den fünf Romanen bilden sie ein Ganzes.
Trotzdem kann man The Witcher 2 natürlich auch einfach als zweiten Teil einer Rollenspiel-Serie zu sich nehmen.
nach zweijähriger Pause The Witcher noch einmal gespielt. Ich habe alle fünf Romane der Hexer-Saga in einem Ritt zum ersten Mal durchgeschmökert. Und parallel dazu The Witcher 2: Assassins of Kings zweieinhalbmal absolviert. Nun bin ich bis zum Rand voll und könnte platzen vor Zufriedenheit. Es ist schön, sich auf hohem Niveau unterhalten zu lassen!
Ich habe hier in einem Vorgängertext vor kurzem meine Gedanken zum ersten Witcher-Spiel
aufgeschrieben. Seither habe ich viel über seine Welt gelernt und nicht zuletzt den Nachfolger gespielt. Es gibt deswegen nichts davon zu revidieren, was ich damals geschrieben habe („damals“ in Bezug auf so wenige Tage ist natürlich eigentlich absurd – doch im Rahmen meiner zwischenzeitlich erlangten Kenntnisse von Sapkowskis Werk erscheint es mir gerechtfertigt). Aber ich muss einen Aspekt deutlich vertiefen, den ich bei meiner Besprechung mangels Kenntnis der Romane noch nicht weit genug verfolgen konnte.
Die beiden Witcher – Spiele sind Fanfiction. Hier wird nicht einfach nur eine Franchise auf den Videospielbereich erweitert. Im Gegenteil, die beiden Spiele von CDP sind die Antithese zur gängigen Praxis der Franchise-Verwurstung. Die Hexer-Saga ist zu Ende erzählt. Die Geschichte um Geralt, Yennefer und Ciri hat ihren Abschluss gefunden – einen grandiosen,
traurig-schönen, dramatischen Abschluss. Wer vermag die Tränen zu zählen? So hat ein Epos gefälligst die Leute zurück zu lassen, wenn es was taugt: in völliger Auflösung. Kann er doch nicht machen! Sapkowski, Du grausames Scheusal, wie tust Du uns allen weh! Seit Coopers Blick in den Spiegel am nie aufgelösten Cliffhanger-Ende von Twin Peaks war das Heulen und Zähneklappern einer bis in ihre tiefste Seele hinein verletzten Anhängerschar womöglich nie
so groß wie hier. Das Ende von Winnetou 3. Sherlock Holmes und Moriarty an den Reichenbach Fällen. Auf diesem Tragik-und-Rührungs-Niveau bewegen wir uns hier.
Auftritt CDP. Was machen die Jungs? Ich stelle mir die ersten Gespräche zu The Witcher so vor, dass da ein paar eingefleischte Fans der Sapkowski-Bücher an einem Tisch sitzen, und jeder zählt seine Lieblingsfacetten dieser Welt auf. Und auf dieser Grundlage entwickeln sie das Spiel. Natürlich machen sie auch Konzessionen an die Notwendigkeiten eines Videospiels. Bei Sapkowski sind Geralts magische und alchemistische Fähigkeiten zwar in den Kurzgeschichten beschrieben, bilden aber auch in ihnen schon nicht den Schwerpunkt. In den Romanen treten sie dann völlig in den Hintergrund und Geralt ist wenig mehr als ein Schwertkämpfer mit übermenschlicher Konstitution und Reflexen. Für das Rollenspiel bohrt CDP Alchemie und Zeichen-System deutlich auf (sie erfinden sogar zwei Zeichen, die bei Sapkowski nicht vorkommen) und schafft damit für den Spieler die Möglichkeit, seinen Geralt in drei verschiedene Fähigkeits-Richtungen zu entwickeln. Was aber die Geschichte angeht, so reicht sich hier für den Kenner der Bücher ein Aha-Effekt mit dem nächsten die Hand. Nicht alles davon gelingt hundertprozentig und der offensichtliche Versuch, aus Alvin in Teil 1 für Geralt so etwas wie eine zweite Ciri zu machen, muss sogar als gänzlich gescheitert angesehen werden. Trotzdem bleibt unter dem Strich eine sehr behutsame, respektvolle und liebenswerte Huldigung von Sapkowskis Meisterschaft zu konstatieren. Was die Witcher-Spiele zu einer enormen Ausnahme in der gegenwärtigen Videospiellandschaft macht, wo
man es ja in der Regel nicht einmal innerhalb der Gattung hinbekommt, einmal zu Ruhm gelangte Urväter in würdevoller Art und Weise wiederzubeleben oder weiter zu führen.
Doch die Witcher-Spiele sind noch etwas mehr als ein reines Best-of ergebener Fans der literarischen Vorlage. Sie sind deren erzählerische Weiterführung in einem anderen Medium. Eine äußerst heikle Sache. CDP spinnt den Faden von Sapkowski weiter. Es wird einen dritten Teil geben. Geralt wird Yennefer wieder sehen (und diese wird mit Triss ein ernstes Wörtchen
zu reden haben …). Die Wilde Jagd sucht immer noch nach ihnen. Die Elfen vom Erlenvolk wollen immer noch in diese Welt. Ich würde mich nicht wundern, wenn in Teil 3 sogar Ciri auftaucht. Was CDP hier macht, hat bisher im Genre nicht wirklich eine Entsprechung. Man wird diesen Spielen nicht vollständig gerecht, wenn man sie nicht in Bezug zu den Büchern setzt. Was natürlich eine Zumutung für jeden Redakteur darstellt. CDP bietet hier dem Kenner der Bücher eine zusätzliche Erfahrungsebene beim Spielen, die sich dem Nicht-Eingeweihten verschließt. Für den einen erreichen sie so ein ganz neues Niveau der Immersion. Die sich den anderen verschließt und die gerade beim Spielen des zweiten Teiles angesichts all der Namen und nur kurz angerissenen Hintergründe häufig für Überforderung
sorgen muss. Die beiden Witcher-Spiele sind nicht der ganze Teil des Kanons und der Geschichte. Erst mit den beiden Kurzgeschichten-Bänden und den fünf Romanen bilden sie ein Ganzes.
Trotzdem kann man The Witcher 2 natürlich auch einfach als zweiten Teil einer Rollenspiel-Serie zu sich nehmen.
Ich bin zu alt für diesen Mist
Zwischen The Witcher und The Witcher 2: Assassins of Kings liegen vier Jahre. Das ist im Videospiel einiges. In diesem Fall kommt hinzu, dass in den Jahren zwischen 2007 und 2011 im Action-RPG und ihm benachbarten Action-Adventure mit Story-Fokus drei Franchises liegen, deren Einfluss auf die Branche nicht hoch genug eingeschätzt werden kann: die
Souls-Spiele, Mass Effect und Uncharted. Es ist an anderer Stelle von mir bereits verschiedentlich thematisiert worden: wenn etwas den osteuropäischen Entwicklermarkt eint, ist es die Tatsache, dass die Trends außerhalb, „im Westen“ gesetzt werden. Da ist CDP keine Ausnahme – auch wenn sie für mich längst dabei sind, qualitativ BioWare seinen einstigen Rang abzulaufen. Ich muss es hier deutlich sagen: zu Beginn war ich vom zweiten Witcher geschockt. Als alter Sack fühlte ich mich in all meinem Pessimismus einmal mehr bestätigt. Es gibt keinen qualitativen Fortschritt. Nix wird besser. Nur anders. Alle paar Jahre definiert jemand für ein neu nachgewachsenes Irgendwas-um-die-18-Publikum mit anderem aber deswegen noch lange nicht besserem Geschmack (wie die schon rumlaufen mit ihren beschissenen Frisuren und diesen bekloppten Röhren-Hosen) die Genre-Parameter neu – und wer sich nicht anpasst, ist weg vom Fenster. Reifen tut hier gar nix. Ich bin für diesen ganzen Mist entschieden zu alt und sollte endlich daraus die Konsequenzen ziehen, mich abwenden und wieder mehr Bücher lesen. Sie haben aus dem vielversprechendsten Titel im Genre der letzten Jahre ein verficktes Action-Adventure gemacht, einen gottverdammten Script-Schlauch voller Filmhandlung zum Angucken und zum ab und an mal ne Taste drücken! Verräter! Die Syphilis Euch allen!
Dann kam Flotsam. Vernon Roche tatscht der einer Ohnmacht nahen Triss über seiner
Schulter am Hintern rum, was zu bissigen Kommentaren Anlass gibt. Und ein paar Minuten später steht die wiederhergestellte Zauberin mit dem kastanienbraunen Haar auf dem Steg des Kaffs Sheila de Tancerville gegenüber und man zickt sich gepflegt und boshaft unter Zauberinnen, wie es auch Sapkowski selbst nicht besser hätte schreiben können. Und ich muss zum ersten Mal herzhaft lachen. Okay. Das hier ist zwar offensichtlich nur noch in Resten ein Spiel – aber wenigstens hatten sie gute Leute für die Drehbuchtexte. Guck ich mir halt nen interaktiven Film an. Eine knappe Stunde später habe ich ein Questlog voller
interessant klingender Aufträge, habe in einem wider Erwarten ganz spaßig inszenierten QTE-basierten Boxkampf ein paar Dorftrotteln die Fresse poliert, bin einmal durch das sehr lebendig in Szene gesetzte Flotsam geschlendert, habe von seinen Holzpalisaden aus in den Urwald da draußen geblickt, aus dem Gefahr verheißende Laute herüber dringen, habe mich in einigen Schwertkämpfen in das neue und angenehm fordernde Kampfsystem eingefuchst, bin im Rahmen einer ersten kleinen Nebenquest gleich mal ordentlich von meinem Auftraggeber über den Löffel balbiert worden – und finde mich immer wieder auf dem Markt vor dem Galgen ein, wo die Krähen inzwischen an den beiden Erhängten zu picken begonnen haben und einen das Memento mori anfällt. Sie haben mich. Das ist hier ja doch ein Spiel.
Mir macht das tatsächlich Spaß. Herrjechen – werde ich denn nie erwachsen?
Souls-Spiele, Mass Effect und Uncharted. Es ist an anderer Stelle von mir bereits verschiedentlich thematisiert worden: wenn etwas den osteuropäischen Entwicklermarkt eint, ist es die Tatsache, dass die Trends außerhalb, „im Westen“ gesetzt werden. Da ist CDP keine Ausnahme – auch wenn sie für mich längst dabei sind, qualitativ BioWare seinen einstigen Rang abzulaufen. Ich muss es hier deutlich sagen: zu Beginn war ich vom zweiten Witcher geschockt. Als alter Sack fühlte ich mich in all meinem Pessimismus einmal mehr bestätigt. Es gibt keinen qualitativen Fortschritt. Nix wird besser. Nur anders. Alle paar Jahre definiert jemand für ein neu nachgewachsenes Irgendwas-um-die-18-Publikum mit anderem aber deswegen noch lange nicht besserem Geschmack (wie die schon rumlaufen mit ihren beschissenen Frisuren und diesen bekloppten Röhren-Hosen) die Genre-Parameter neu – und wer sich nicht anpasst, ist weg vom Fenster. Reifen tut hier gar nix. Ich bin für diesen ganzen Mist entschieden zu alt und sollte endlich daraus die Konsequenzen ziehen, mich abwenden und wieder mehr Bücher lesen. Sie haben aus dem vielversprechendsten Titel im Genre der letzten Jahre ein verficktes Action-Adventure gemacht, einen gottverdammten Script-Schlauch voller Filmhandlung zum Angucken und zum ab und an mal ne Taste drücken! Verräter! Die Syphilis Euch allen!
Dann kam Flotsam. Vernon Roche tatscht der einer Ohnmacht nahen Triss über seiner
Schulter am Hintern rum, was zu bissigen Kommentaren Anlass gibt. Und ein paar Minuten später steht die wiederhergestellte Zauberin mit dem kastanienbraunen Haar auf dem Steg des Kaffs Sheila de Tancerville gegenüber und man zickt sich gepflegt und boshaft unter Zauberinnen, wie es auch Sapkowski selbst nicht besser hätte schreiben können. Und ich muss zum ersten Mal herzhaft lachen. Okay. Das hier ist zwar offensichtlich nur noch in Resten ein Spiel – aber wenigstens hatten sie gute Leute für die Drehbuchtexte. Guck ich mir halt nen interaktiven Film an. Eine knappe Stunde später habe ich ein Questlog voller
interessant klingender Aufträge, habe in einem wider Erwarten ganz spaßig inszenierten QTE-basierten Boxkampf ein paar Dorftrotteln die Fresse poliert, bin einmal durch das sehr lebendig in Szene gesetzte Flotsam geschlendert, habe von seinen Holzpalisaden aus in den Urwald da draußen geblickt, aus dem Gefahr verheißende Laute herüber dringen, habe mich in einigen Schwertkämpfen in das neue und angenehm fordernde Kampfsystem eingefuchst, bin im Rahmen einer ersten kleinen Nebenquest gleich mal ordentlich von meinem Auftraggeber über den Löffel balbiert worden – und finde mich immer wieder auf dem Markt vor dem Galgen ein, wo die Krähen inzwischen an den beiden Erhängten zu picken begonnen haben und einen das Memento mori anfällt. Sie haben mich. Das ist hier ja doch ein Spiel.
Mir macht das tatsächlich Spaß. Herrjechen – werde ich denn nie erwachsen?
Licht und Schatten
Zweite Teile von großartigen Spielen. Ein weites und schwieriges Feld. Mir fallen in meiner Spielevita nur zwei Beispiele ein, wo ich einen zweiten Teil als wirkliche Bereicherung, als gelungene Weiterentwicklung und wirkliche Verbesserung des bahnbrechenden Erstlings
betrachten kann – und bei beiden bin ich nicht völlig unvoreingenommen, da ich jeweils den zweiten Teil vor dem ersten gespielt habe. Ich persönlich empfinde Tie Fighter in ausnahmslos jedem Belang besser als X-Wing. Und ich finde trotz seiner Großartigkeit System Shock nicht so gut wie seinen Nachfolger System Shock 2. Das wars dann aber auch schon. Nachdem ich nun The Witcher: Assassins of Kings zweieinhalbmal durchgespielt habe, bin ich geneigt, den Titel als drittes Beispiel hinzuzufügen.
Zunächst einmal finde ich es mehr als beachtlich, in wie vielen zum Teil marginalen Bereichen CDP auf Kritikpunkte am ersten Teil eingegangen ist. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben: Geralts Schwerter kleben nun nicht einfach „magisch“ an seinem Rücken fest, sondern es gibt ein zu Ende gedachtes Tragesystem an der Rüstung. Dank der neuen Engine
gehört das Architektur-Recycling und die haarsträubende NPC-Kloneritis des Erstlings der Vergangenheit an. Die Ladezeiten sind deutlich kürzer und zumindest in der ordentlich auf 2.0 gepatchten Ursprungs-Version hatte ich nicht einen einzigen Absturz oder Freeze (bei der Enhanced Edition ist das derzeit leider noch nicht der Fall …). Die einigen etwas zu nerdige
Erotikkarten-Sammelei und die damit zusammenhängende Kritik daran, dass Geralt alles mit Brüsten vögelt, was nicht bei drei auf den Bäumen ist, hat sich erledigt und ist einer sehr viel glaubhafteren und reiferen Darstellung von Erotik und Beziehungspflege gewichen. Das Kampfsystem wurde völlig überarbeitet und ist nun weitaus vielfältiger und komplexer als in Teil 1, wo man selbst auf „schwer“ nichts weiter tun musste, als rhythmisch zu klicken.
Ja, Teil 2 ist um einiges knapper geraten als der Erstling. Dafür ist er aber in jedem seiner
Schauplätze abwechslungsreich und bis ins kleinste Detail liebevoll und mit Gespür für gutes Design und historische Fakten entworfen und auf Hochglanz poliert. Wo ich 2007 ganze zweieinhalb Akte lang in Wyzima unterwegs war, wechseln sich hier auf engstem Raum die Orte und ihre Atmosphären ab. Es gibt keinen Lehrlauf mehr, wie beispielsweise in den weithin ungeliebten Sumpfpassagen des Vorgängers. CDP hat auch die Klagen darüber vernommen, dass Geralt in Teil 1 zuwenig Möglichkeiten hatte, seine Rüstung zu verändern und aufzuwerten und dass man zu lange mit den gleichen Schwertern unterwegs war. Also gibt es in Teil 2 ein völlig neu entwickeltes Crafting-System und eine Schwerter- und Rüstungsvielfalt, die kaum einen Wunsch offen lassen dürfte. Geralt wird anders als im ersten Teil hier auch nicht zum wandelnden Krösus, der mit seinem Geld nicht weiß, wohin. Und sie haben auch während der Entwicklung ein Ohr für die Community gehabt. Die Leute finden die neue Frisur des Helden blöde? Gut, gibt es eben in jedem Akt einen Frisör-NPC, wo man sich nach Herzenslust stylen lassen kann. QTE´s sind für einige das Allerletzte? Schön, dann gibt es eben eine Option zum Abstellen derselben.
Ich könnte hier noch weiter machen. Stattdessen will ich nur noch herausstreichen, was mir im zweiten Teil besonders gut gefallen hat, da ich mich hierüber beim Erstling bitter beklagt habe: Geralts Charakterentwicklung ist für mich interessanter, obwohl der Fähigkeiten-Baum
gegenüber 2007 deutlich entschlackt wurde. Ich muss mich hier endlich wieder entscheiden, bekomme nur einen von drei Pfaden annähernd auf ein Maximum geskillt und meine Entscheidung in dieser Hinsicht hat tatsächlich auch Einfluss auf das Gameplay im Kampf. Weniger ist manchmal einfach mehr, das belegt CDP an dieser Stelle. Dafür mein ausdrückliches Lob. Und in diesem Zusammenhang noch etwas: im Gegensatz zum ersten Teil gelingt es dem zweiten bis zum finalen Akt, ein Gefühl der Gefahr fern von Schwertfuchtel-Routine aufrecht zu erhalten – sprich: das Balancing ist zwar immer noch nicht perfekt, wurde aber mehr als deutlich verbessert.
Dann gibt es die Dinge, auf die ich locker hätte verzichten können, die mich aber auch nicht extrem gestört haben bzw. die ich mit Blick darauf, dass CDP hier seinen Gang zur Multiplattform-Entwicklung eingeleitet hat, bereit bin, als damit zusammenhängende Konzession an andere Spielerschichten aber auch an die Besonderheiten der Konsole zu akzeptieren.
Ich brauche QTE´s nicht. Aber sie haben mich wider Erwarten auch nicht sonderlich gestört und im Fall des Boxkampfes empfand ich sie sogar als Bereicherung des ursprünglichen Systems. Dasselbe gilt für die Action-Adventure – orientierten Bosskämpfe. Von mir aus. Dialogentscheidungen unter Zeitdruck – okay. Wer´s braucht. Und immerhin haben sie hier mit der Möglichkeit zum Einschüchtern/Drohen/Schmeicheln über das Axii-Zeichen eine neue Komponente in die Serie gebracht, die zwar ein bisschen zu sehr nach Trial and Error und
Zufallswürfelei riecht, aus der man aber mit Sicherheit noch etwas machen kann.
Das mit dem Schleichen war nett gemeint. Mehr aber leider nicht. Entweder spürbar verbessern oder beim nächsten Mal weg damit. Schließlich die Sache mit dem auf den Controller abgestimmten Bedienkomfort. Ich kann das in vielen Bereichen akzeptieren. So sind die Zeiten eben. Ehrlich gesagt finde ich das Schnellzugriffsfeld und seine Funktion sogar richtig gut und besser als die dröge Pausentaste aus Teil 1. Dynamischer, mit dem Slomo-Effekt optisch ansprechend und in Bezug auf das neue Kampfsystem eigentlich sogar ganz
praktisch. Bei der Menüführung und deren Design sieht das dann schon anders aus – aber okay. Geschenkt.
Allerdings musste ich mich leider wieder auch ärgern. Mitunter sogar sehr, was wie schon bei Teil 1 ein „Ausgezeichnet“ verhindert. Aber immerhin war der Zorn nicht ganz so groß wie angesichts des weitestgehend verbaselten Skillbaums und Schwierigkeitsgrades in The Witcher.
Die Menüführung wurde hier schon erwähnt. In Bezug auf das Inventar muss ich leider sagen, dass CDP für mich da einen Rückschritt gemacht hat. Dessen reine Listenbasiertheit ist eine ziemliche Katastrophe und fällt weit hinter das auch alles andere als perfekte System in Teil 1 zurück, wo ich aber wenigstens auf einen Blick alles übersehen und mit meiner feinen Maus, dem schönsten und praktischsten Eingabegerät der Welt, anklicken konnte. Das ist wirklich Mist. Zumal man in Witcher 2 ja nun craften kann, was so irgendwie aber keinen Spaß aufkommen lassen will. Diese unübersichtliche Scrollerei durch die einzelnen Inventar-Fächer nervt schlichtweg. Was vielfach bemängelt wurde und was auch ich als Rückschritt
empfand – auch wenn man sich damit näher an Sapkowskis Vorlage orientiert – die
Trankeinnahme vor dem Kampf einzig im Meditationsmodus ist blöd. Ich habe doch nach wie vor im Schnellzugriffsfeld Slots. Wieso kann ich in diese Fallen und Bomben legen – aber keine Tränke? Ist doch ätzend. Und wieso laufen Trankeffekte während Skript-Unterhaltungen einfach im Hintergrund weiter? Schrott.
Es gäbe noch ein paar kleinere Sachen hier und da. Wieso kann ich außerhalb von Autosaves und sich überspielenden Quicksaves keine selbstbestimmten, dauerhaften Spielstände anlegen? Warum befindet sich die Steuerung der Grafikeinstellungen und Tastaturbelegungen außerhalb der Spieloberfläche im Launcher? Es ist ja schön und gut, dass ich aus Teil 1 meine
geliebte Raben-Rüstung, meinen Zwergen-Sihil und als Ritter der Herrin des Sees mein Aerondight importieren darf. Aber wieso sind all diese geliebten Dinge bereits in der Mitte des Ersten Aktes nur noch unterklassiger Inventar-Schrott? Wieso muss ich jede Tür im Spiel umständlich öffnen, selbst wenn vor meiner Nase ein NPC da gerade durchgelaufen ist?
Was mich aber wirklich aufregt, sind zwei Dinge:
1. Geralts Steuerung ist hakelig und unpräzise. Nicht mal so sehr im Kampf – der macht mir hier wirklich mehr Spaß als in Teil 1. Sondern außerhalb. Dieses ruckelige Angelaufe, der merkwürdig zeitverzögerte Richtungswechsel nach der entsprechenden Eingabe – sehr, sehr unschön und extrem verbesserungswürdig. Robocop lässt grüßen.
2. Alchemie macht irgendwie keinen Spaß mehr. Liegt auch am schlechten Inventar. Das Sammeln der Kräuter, das Mischen der Rezepturen, selbst das Vergiften der Schwertschneide (ohne die schöne Animation des ersten Teils) – alles wenig interessant und mit wenig Liebe implementiert. Wieso soll ich einen Charakterpfad ausbauen, dessen gesamte Aufbereitung im Rahmen des Gameplays langweilig und sperrig ist? An diesen Punkten hat CDP mit dem Hintern einiges wieder eingerissen, was sie im Vorfeld bereits sehr viel besser aufgebaut hatten. So was ist doppelt ärgerlich – weil es angesichts all der sonst an den Tag gelegten Sorgfalt das Bild sehr stört.
Unter dem Strich hätten wir damit einen Nachfolger, der weder dem Genre noch dem Erstling Schande macht, ihn wie auch das Genre aber nicht wirklich zu übertreffen oder auf eine neue Stufe zu heben versteht. Allerdings sind wir hier ja noch lange nicht am Ende.
betrachten kann – und bei beiden bin ich nicht völlig unvoreingenommen, da ich jeweils den zweiten Teil vor dem ersten gespielt habe. Ich persönlich empfinde Tie Fighter in ausnahmslos jedem Belang besser als X-Wing. Und ich finde trotz seiner Großartigkeit System Shock nicht so gut wie seinen Nachfolger System Shock 2. Das wars dann aber auch schon. Nachdem ich nun The Witcher: Assassins of Kings zweieinhalbmal durchgespielt habe, bin ich geneigt, den Titel als drittes Beispiel hinzuzufügen.
Zunächst einmal finde ich es mehr als beachtlich, in wie vielen zum Teil marginalen Bereichen CDP auf Kritikpunkte am ersten Teil eingegangen ist. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben: Geralts Schwerter kleben nun nicht einfach „magisch“ an seinem Rücken fest, sondern es gibt ein zu Ende gedachtes Tragesystem an der Rüstung. Dank der neuen Engine
gehört das Architektur-Recycling und die haarsträubende NPC-Kloneritis des Erstlings der Vergangenheit an. Die Ladezeiten sind deutlich kürzer und zumindest in der ordentlich auf 2.0 gepatchten Ursprungs-Version hatte ich nicht einen einzigen Absturz oder Freeze (bei der Enhanced Edition ist das derzeit leider noch nicht der Fall …). Die einigen etwas zu nerdige
Erotikkarten-Sammelei und die damit zusammenhängende Kritik daran, dass Geralt alles mit Brüsten vögelt, was nicht bei drei auf den Bäumen ist, hat sich erledigt und ist einer sehr viel glaubhafteren und reiferen Darstellung von Erotik und Beziehungspflege gewichen. Das Kampfsystem wurde völlig überarbeitet und ist nun weitaus vielfältiger und komplexer als in Teil 1, wo man selbst auf „schwer“ nichts weiter tun musste, als rhythmisch zu klicken.
Ja, Teil 2 ist um einiges knapper geraten als der Erstling. Dafür ist er aber in jedem seiner
Schauplätze abwechslungsreich und bis ins kleinste Detail liebevoll und mit Gespür für gutes Design und historische Fakten entworfen und auf Hochglanz poliert. Wo ich 2007 ganze zweieinhalb Akte lang in Wyzima unterwegs war, wechseln sich hier auf engstem Raum die Orte und ihre Atmosphären ab. Es gibt keinen Lehrlauf mehr, wie beispielsweise in den weithin ungeliebten Sumpfpassagen des Vorgängers. CDP hat auch die Klagen darüber vernommen, dass Geralt in Teil 1 zuwenig Möglichkeiten hatte, seine Rüstung zu verändern und aufzuwerten und dass man zu lange mit den gleichen Schwertern unterwegs war. Also gibt es in Teil 2 ein völlig neu entwickeltes Crafting-System und eine Schwerter- und Rüstungsvielfalt, die kaum einen Wunsch offen lassen dürfte. Geralt wird anders als im ersten Teil hier auch nicht zum wandelnden Krösus, der mit seinem Geld nicht weiß, wohin. Und sie haben auch während der Entwicklung ein Ohr für die Community gehabt. Die Leute finden die neue Frisur des Helden blöde? Gut, gibt es eben in jedem Akt einen Frisör-NPC, wo man sich nach Herzenslust stylen lassen kann. QTE´s sind für einige das Allerletzte? Schön, dann gibt es eben eine Option zum Abstellen derselben.
Ich könnte hier noch weiter machen. Stattdessen will ich nur noch herausstreichen, was mir im zweiten Teil besonders gut gefallen hat, da ich mich hierüber beim Erstling bitter beklagt habe: Geralts Charakterentwicklung ist für mich interessanter, obwohl der Fähigkeiten-Baum
gegenüber 2007 deutlich entschlackt wurde. Ich muss mich hier endlich wieder entscheiden, bekomme nur einen von drei Pfaden annähernd auf ein Maximum geskillt und meine Entscheidung in dieser Hinsicht hat tatsächlich auch Einfluss auf das Gameplay im Kampf. Weniger ist manchmal einfach mehr, das belegt CDP an dieser Stelle. Dafür mein ausdrückliches Lob. Und in diesem Zusammenhang noch etwas: im Gegensatz zum ersten Teil gelingt es dem zweiten bis zum finalen Akt, ein Gefühl der Gefahr fern von Schwertfuchtel-Routine aufrecht zu erhalten – sprich: das Balancing ist zwar immer noch nicht perfekt, wurde aber mehr als deutlich verbessert.
Dann gibt es die Dinge, auf die ich locker hätte verzichten können, die mich aber auch nicht extrem gestört haben bzw. die ich mit Blick darauf, dass CDP hier seinen Gang zur Multiplattform-Entwicklung eingeleitet hat, bereit bin, als damit zusammenhängende Konzession an andere Spielerschichten aber auch an die Besonderheiten der Konsole zu akzeptieren.
Ich brauche QTE´s nicht. Aber sie haben mich wider Erwarten auch nicht sonderlich gestört und im Fall des Boxkampfes empfand ich sie sogar als Bereicherung des ursprünglichen Systems. Dasselbe gilt für die Action-Adventure – orientierten Bosskämpfe. Von mir aus. Dialogentscheidungen unter Zeitdruck – okay. Wer´s braucht. Und immerhin haben sie hier mit der Möglichkeit zum Einschüchtern/Drohen/Schmeicheln über das Axii-Zeichen eine neue Komponente in die Serie gebracht, die zwar ein bisschen zu sehr nach Trial and Error und
Zufallswürfelei riecht, aus der man aber mit Sicherheit noch etwas machen kann.
Das mit dem Schleichen war nett gemeint. Mehr aber leider nicht. Entweder spürbar verbessern oder beim nächsten Mal weg damit. Schließlich die Sache mit dem auf den Controller abgestimmten Bedienkomfort. Ich kann das in vielen Bereichen akzeptieren. So sind die Zeiten eben. Ehrlich gesagt finde ich das Schnellzugriffsfeld und seine Funktion sogar richtig gut und besser als die dröge Pausentaste aus Teil 1. Dynamischer, mit dem Slomo-Effekt optisch ansprechend und in Bezug auf das neue Kampfsystem eigentlich sogar ganz
praktisch. Bei der Menüführung und deren Design sieht das dann schon anders aus – aber okay. Geschenkt.
Allerdings musste ich mich leider wieder auch ärgern. Mitunter sogar sehr, was wie schon bei Teil 1 ein „Ausgezeichnet“ verhindert. Aber immerhin war der Zorn nicht ganz so groß wie angesichts des weitestgehend verbaselten Skillbaums und Schwierigkeitsgrades in The Witcher.
Die Menüführung wurde hier schon erwähnt. In Bezug auf das Inventar muss ich leider sagen, dass CDP für mich da einen Rückschritt gemacht hat. Dessen reine Listenbasiertheit ist eine ziemliche Katastrophe und fällt weit hinter das auch alles andere als perfekte System in Teil 1 zurück, wo ich aber wenigstens auf einen Blick alles übersehen und mit meiner feinen Maus, dem schönsten und praktischsten Eingabegerät der Welt, anklicken konnte. Das ist wirklich Mist. Zumal man in Witcher 2 ja nun craften kann, was so irgendwie aber keinen Spaß aufkommen lassen will. Diese unübersichtliche Scrollerei durch die einzelnen Inventar-Fächer nervt schlichtweg. Was vielfach bemängelt wurde und was auch ich als Rückschritt
empfand – auch wenn man sich damit näher an Sapkowskis Vorlage orientiert – die
Trankeinnahme vor dem Kampf einzig im Meditationsmodus ist blöd. Ich habe doch nach wie vor im Schnellzugriffsfeld Slots. Wieso kann ich in diese Fallen und Bomben legen – aber keine Tränke? Ist doch ätzend. Und wieso laufen Trankeffekte während Skript-Unterhaltungen einfach im Hintergrund weiter? Schrott.
Es gäbe noch ein paar kleinere Sachen hier und da. Wieso kann ich außerhalb von Autosaves und sich überspielenden Quicksaves keine selbstbestimmten, dauerhaften Spielstände anlegen? Warum befindet sich die Steuerung der Grafikeinstellungen und Tastaturbelegungen außerhalb der Spieloberfläche im Launcher? Es ist ja schön und gut, dass ich aus Teil 1 meine
geliebte Raben-Rüstung, meinen Zwergen-Sihil und als Ritter der Herrin des Sees mein Aerondight importieren darf. Aber wieso sind all diese geliebten Dinge bereits in der Mitte des Ersten Aktes nur noch unterklassiger Inventar-Schrott? Wieso muss ich jede Tür im Spiel umständlich öffnen, selbst wenn vor meiner Nase ein NPC da gerade durchgelaufen ist?
Was mich aber wirklich aufregt, sind zwei Dinge:
1. Geralts Steuerung ist hakelig und unpräzise. Nicht mal so sehr im Kampf – der macht mir hier wirklich mehr Spaß als in Teil 1. Sondern außerhalb. Dieses ruckelige Angelaufe, der merkwürdig zeitverzögerte Richtungswechsel nach der entsprechenden Eingabe – sehr, sehr unschön und extrem verbesserungswürdig. Robocop lässt grüßen.
2. Alchemie macht irgendwie keinen Spaß mehr. Liegt auch am schlechten Inventar. Das Sammeln der Kräuter, das Mischen der Rezepturen, selbst das Vergiften der Schwertschneide (ohne die schöne Animation des ersten Teils) – alles wenig interessant und mit wenig Liebe implementiert. Wieso soll ich einen Charakterpfad ausbauen, dessen gesamte Aufbereitung im Rahmen des Gameplays langweilig und sperrig ist? An diesen Punkten hat CDP mit dem Hintern einiges wieder eingerissen, was sie im Vorfeld bereits sehr viel besser aufgebaut hatten. So was ist doppelt ärgerlich – weil es angesichts all der sonst an den Tag gelegten Sorgfalt das Bild sehr stört.
Unter dem Strich hätten wir damit einen Nachfolger, der weder dem Genre noch dem Erstling Schande macht, ihn wie auch das Genre aber nicht wirklich zu übertreffen oder auf eine neue Stufe zu heben versteht. Allerdings sind wir hier ja noch lange nicht am Ende.
Das Private ist politisch
Wer einige der Texte zu Videospielen auf dieser Seite gelesen hat, den wird kaum wundern, dass es wieder einmal die erzählte Geschichte ist, die mich bei The Witcher: Assassins of Kings über den einen oder anderen Gameplay-Schnitzer (in einem Spiel, das wohlgemerkt auch auf diesem Feld durchaus als „Gut“ bewertet werden kann) hinwegsehen und dem
zweiten Teil der Serie eine beachtliche Weiterentwicklung attestieren lässt. Ich gehe sogar soweit, dem Spiel in diesem Bereich den Status eines Revolutionärs des Genres zuzugestehen, einer neuen Wegmarke, an der sich künftig jeder wird messen lassen müssen, dem im RPG die erzählte Geschichte zentral ist. Das mag viele verwundern, da gerade die Geschichte von Witcher 2 immer wieder als zu kurz und mit einem unbefriedigenden Ende gestraft kritisiert wird. Ich will versuchen, hier eine alternative Sichtweise anzubieten. Zentral für dieses Unterfangen sind zwei Figuren des Spiels: Geralt. Und Triss.
Worum geht es in 95% aller Rollenspiele der Videospielgeschichte? Held rettet die Welt. Und in 1,5 von 2 Fällen ist er noch dazu vom Schicksal dazu vorherbestimmt, was er – Überraschung! – erst im Lauf der Spielhandlung lernt. Zur Rettung der Welt hat er beliebig viel Zeit, um sich auf dem Weg zu ihr und dem brav auf sein Eintreffen wartenden Endgegner
durch aberdutzende Dungeons und Nebenquests zu leveln, was natürlich in eklatantem Widerspruch zur ständig behaupteten Bedrohtheit der Welt steht. Fallout 1 war meines Wissens nach das einzige Spiel im Genre, das es wagte, den Spieler bei eben dieser Rettung im Rahmen der Erzählung unter Zeitdruck zu setzen. Auch The Witcher hatte sich 2007 noch nicht gänzlich von diesem Schema gelöst, obwohl sich der Abnabelungsprozess bereits anzudeuten begann.
Witcher 2 vollzieht hier nun den radikalen und lange fälligen erzählerischen Schnitt. Einmal mehr zeigt sich dabei, wie sehr sich CDP mit ihren Spielen der Vorlage Sapkowskis verpflichtet fühlt. Denn nichts lag in den Büchern des Autors dessen „Helden“ Geralt ferner, als die Welt zu retten. Das lag überhaupt nicht in seiner Macht – ja nicht einmal in der Ciris, die prinzipiell dazu in der Lage gewesen wäre. Vor der Macht der Könige und Kaiser, vor den Interessenlagen von Bürgerkriegs-Parteien, aufständischen Mitgliedern der älteren Völker,
intrigierenden Zauberern muss er regelmäßig zurückstehen, um wenigstens seine eigene Haut und mit viel Glück eventuell noch die Haut seiner Lieben zu retten. Mehr ist nicht drin. Pathos wird bei Sapkowski prinzipiell zerstört, als hohl entlarvt, lächerlich gemacht und mit Bitternis in sein Gegenteil verwandelt. Die alles entscheidende Schlacht, in der sich so gut wie jeder andere Fantasy-Autor im Schlachtengemälde-Schwulst suhlen würde – bei Sapkowski findet sie hauptsächlich aus der Perspektive eines Lazarett-Zeltes statt, in dem eine blutverschmierte Shani im Akkord Glieder von Verletzten beider Parteien absägt. Und hinterher schildert er ein ganzes Kapitel lang, wie die Mächtigen im Nachgang ihr Schäfchen ins Trockene bringen, während auf den Landstraßen die Sieger Flüchtlinge misshandeln und an Mitgliedern ganzer Kampfeinheiten mörderischer Verrat geübt wird. Man halte dagegen einmal Tolkiens Siegespathos auf den Mauern von Minas Tirith.
Es wird einem beim Lesen von Sapkowskis Romanen immer mehr klar, dass man hier einen in einer Fantasy-Welt angesiedelten Polit-Thriller vor sich hat. Und die zentralen Protagonisten dieses Polithrillers sind ein wegen seiner Mutation unfruchtbarer Hexer sowie eine schwarzhaarige, aufgrund ihrer Kräfte ebenfalls unfruchtbare Zauberin, die Liebe seines Lebens. Und beider Ziehtochter, eine Waise mit königlichem Blut und unheilvoll in ihr schlummernden Kräften, der sich alle möglichen finsteren Parteien bemächtigen möchten. Die drei wollen einfach nur eine glückliche Familie sein, ihren Frieden finden, in Ruhe gelassen werden. Doch die Umstände lassen das nicht zu, trennen sie, zwingen sie zu Entscheidungen und in die Konflikte ihrer Welt hinein.
Das klingt nun so gar nicht mehr nach dem üblichen 0815 – RPG-Setting. Und hier liegt die Besonderheit und Stärke der Witcher-Spiele. Vor allem im zweiten Teil wird schnell deutlich: man spielt hier einen interaktiven Roman. Den Kern seiner Handlung bildet aber weder Geralts Kampf gegen die Salamandra und die Jagd nach den gestohlenen Hexer-Geheimnissen in Teil 1, noch die Verfolgung des Königsmörders in Teil 2. Der Kern der Witcher-Spiele ist Geralts Suche nach seiner Identität. Wie auch in den Büchern wird er auf dieser Suche in die Auseinandersetzungen seiner Welt hineingezogen und muss Stellung
beziehen. In Teil 1 stellen NPC´s Geralt in Gesprächen an zentralen Punkten des Spiels immer wieder Gewissensfragen zur Sicht auf seine Persönlichkeit, zur Bedeutung von Freundschaft und Liebe für ihn, zu Zukunftsplänen, zu moralischen Fragen. In den Antwortmöglichkeiten formen wir als Spieler unseren individuellen Geralt, der nach seiner rätselhaften Auferstehung von den Toten die Welt neu verstehen lernen muss – und gleichzeitig legen wir so unsere Sicht auf diese Welt fest. Zentral ist dabei im ersten Teil die Frage nach dem Glauben an das Schicksal. Gibt es eine Vorherbestimmung? Steht die Zukunft bereits fest? Oder glauben wir an unsere eigene Kraft zur Veränderungsmöglichkeit der Zeit und der Geschichte? Der Großmeister hat hierzu seinen Standpunkt gefunden. Es ist der eines Politikers: das Wohl der Vielen steht über dem Wohl der Wenigen. Was ihn dabei gefährlich macht, ist seine Überzeugung, das moralisch Richtige zu tun, die sich mit der Macht koppelt, dafür drastische Mittel anwenden zu können. Wie wird Geralt sich entscheiden?
zweiten Teil der Serie eine beachtliche Weiterentwicklung attestieren lässt. Ich gehe sogar soweit, dem Spiel in diesem Bereich den Status eines Revolutionärs des Genres zuzugestehen, einer neuen Wegmarke, an der sich künftig jeder wird messen lassen müssen, dem im RPG die erzählte Geschichte zentral ist. Das mag viele verwundern, da gerade die Geschichte von Witcher 2 immer wieder als zu kurz und mit einem unbefriedigenden Ende gestraft kritisiert wird. Ich will versuchen, hier eine alternative Sichtweise anzubieten. Zentral für dieses Unterfangen sind zwei Figuren des Spiels: Geralt. Und Triss.
Worum geht es in 95% aller Rollenspiele der Videospielgeschichte? Held rettet die Welt. Und in 1,5 von 2 Fällen ist er noch dazu vom Schicksal dazu vorherbestimmt, was er – Überraschung! – erst im Lauf der Spielhandlung lernt. Zur Rettung der Welt hat er beliebig viel Zeit, um sich auf dem Weg zu ihr und dem brav auf sein Eintreffen wartenden Endgegner
durch aberdutzende Dungeons und Nebenquests zu leveln, was natürlich in eklatantem Widerspruch zur ständig behaupteten Bedrohtheit der Welt steht. Fallout 1 war meines Wissens nach das einzige Spiel im Genre, das es wagte, den Spieler bei eben dieser Rettung im Rahmen der Erzählung unter Zeitdruck zu setzen. Auch The Witcher hatte sich 2007 noch nicht gänzlich von diesem Schema gelöst, obwohl sich der Abnabelungsprozess bereits anzudeuten begann.
Witcher 2 vollzieht hier nun den radikalen und lange fälligen erzählerischen Schnitt. Einmal mehr zeigt sich dabei, wie sehr sich CDP mit ihren Spielen der Vorlage Sapkowskis verpflichtet fühlt. Denn nichts lag in den Büchern des Autors dessen „Helden“ Geralt ferner, als die Welt zu retten. Das lag überhaupt nicht in seiner Macht – ja nicht einmal in der Ciris, die prinzipiell dazu in der Lage gewesen wäre. Vor der Macht der Könige und Kaiser, vor den Interessenlagen von Bürgerkriegs-Parteien, aufständischen Mitgliedern der älteren Völker,
intrigierenden Zauberern muss er regelmäßig zurückstehen, um wenigstens seine eigene Haut und mit viel Glück eventuell noch die Haut seiner Lieben zu retten. Mehr ist nicht drin. Pathos wird bei Sapkowski prinzipiell zerstört, als hohl entlarvt, lächerlich gemacht und mit Bitternis in sein Gegenteil verwandelt. Die alles entscheidende Schlacht, in der sich so gut wie jeder andere Fantasy-Autor im Schlachtengemälde-Schwulst suhlen würde – bei Sapkowski findet sie hauptsächlich aus der Perspektive eines Lazarett-Zeltes statt, in dem eine blutverschmierte Shani im Akkord Glieder von Verletzten beider Parteien absägt. Und hinterher schildert er ein ganzes Kapitel lang, wie die Mächtigen im Nachgang ihr Schäfchen ins Trockene bringen, während auf den Landstraßen die Sieger Flüchtlinge misshandeln und an Mitgliedern ganzer Kampfeinheiten mörderischer Verrat geübt wird. Man halte dagegen einmal Tolkiens Siegespathos auf den Mauern von Minas Tirith.
Es wird einem beim Lesen von Sapkowskis Romanen immer mehr klar, dass man hier einen in einer Fantasy-Welt angesiedelten Polit-Thriller vor sich hat. Und die zentralen Protagonisten dieses Polithrillers sind ein wegen seiner Mutation unfruchtbarer Hexer sowie eine schwarzhaarige, aufgrund ihrer Kräfte ebenfalls unfruchtbare Zauberin, die Liebe seines Lebens. Und beider Ziehtochter, eine Waise mit königlichem Blut und unheilvoll in ihr schlummernden Kräften, der sich alle möglichen finsteren Parteien bemächtigen möchten. Die drei wollen einfach nur eine glückliche Familie sein, ihren Frieden finden, in Ruhe gelassen werden. Doch die Umstände lassen das nicht zu, trennen sie, zwingen sie zu Entscheidungen und in die Konflikte ihrer Welt hinein.
Das klingt nun so gar nicht mehr nach dem üblichen 0815 – RPG-Setting. Und hier liegt die Besonderheit und Stärke der Witcher-Spiele. Vor allem im zweiten Teil wird schnell deutlich: man spielt hier einen interaktiven Roman. Den Kern seiner Handlung bildet aber weder Geralts Kampf gegen die Salamandra und die Jagd nach den gestohlenen Hexer-Geheimnissen in Teil 1, noch die Verfolgung des Königsmörders in Teil 2. Der Kern der Witcher-Spiele ist Geralts Suche nach seiner Identität. Wie auch in den Büchern wird er auf dieser Suche in die Auseinandersetzungen seiner Welt hineingezogen und muss Stellung
beziehen. In Teil 1 stellen NPC´s Geralt in Gesprächen an zentralen Punkten des Spiels immer wieder Gewissensfragen zur Sicht auf seine Persönlichkeit, zur Bedeutung von Freundschaft und Liebe für ihn, zu Zukunftsplänen, zu moralischen Fragen. In den Antwortmöglichkeiten formen wir als Spieler unseren individuellen Geralt, der nach seiner rätselhaften Auferstehung von den Toten die Welt neu verstehen lernen muss – und gleichzeitig legen wir so unsere Sicht auf diese Welt fest. Zentral ist dabei im ersten Teil die Frage nach dem Glauben an das Schicksal. Gibt es eine Vorherbestimmung? Steht die Zukunft bereits fest? Oder glauben wir an unsere eigene Kraft zur Veränderungsmöglichkeit der Zeit und der Geschichte? Der Großmeister hat hierzu seinen Standpunkt gefunden. Es ist der eines Politikers: das Wohl der Vielen steht über dem Wohl der Wenigen. Was ihn dabei gefährlich macht, ist seine Überzeugung, das moralisch Richtige zu tun, die sich mit der Macht koppelt, dafür drastische Mittel anwenden zu können. Wie wird Geralt sich entscheiden?
Teil 2 schließt an diese Frage unmittelbar an und treibt die damit zusammenhängenden Entscheidungen und deren Tragweite auf die Spitze. Geralts Erinnerung kehrt allmählich zurück, Yennefer beginnt, in ihr herum zu geistern. Der Hexer muss sich dem stellen und Triss ist hierzu der Schlüssel. Zu Anfang will er einfach nur mit ihr zusammen sein und seine
Dienstverpflichtung bei König Foltest steht dem im Weg und ist eine Last. Wenn wir auf dem Weg zum Finale des Prologs hinauf zum wartenden Königsmörder gehen, wähnt er sich kurz am Ziel, da Foltest ihm eben die Auflösung seines Dienstes zusichert. Einige Momente später bricht alles in sich zusammen und Geralt muss sich plötzlich von einem lebensbedrohlichen Verdacht reinwaschen. Und wieder wird es nichts mit dem Rückzug ins Private. Stattdessen sehen wir uns plötzlich an der Seite von Vernon Roche, einem finsteren Faktotum des temerischen Geheimdienstes, hineingeworfen in die Intrigen und Landräubereien der
nördlichen Königshäuser, inklusive aufmüpfiger Zauberinnen und eines merkwürdigerweise immer gegenwärtigen Nilfgaarder Chefdiplomaten. Wer ist Freund, wer ist Feind, wer benutzt uns aus welchem Grund wofür? Und dann verschwindet am Ende von Akt 1 auch noch Triss unter Umständen, die uns um ihr Leben fürchten lassen müssen. Die Frau, die den Schlüssel zu unserer Vergangenheit besitzt und in die wir uns womöglich gerade verliebt haben.
Die damsell in distress – klar, auch im Videospiel ein alter Trick. Mario, Prince of Persia, Link, Raz, Max Payne – wer will die Namen nennen. Ob wir dazu bereit sind, uns emotional auf diesen alten Plot-Kniff einzulassen, davon wird abhängen, ob wir mit der Erzählstruktur von Witcher 2 glücklich werden oder nicht. Bei mir hat es funktioniert, ich war gemeinsam mit
Geralt in höchster Sorge. Nix wie weg aus Flotsam! Die Spur weist nach Vergen, wo sich gerade ein Krieg zwischen Kaedwins König Henselt und der Drachentöterin Saskia anbahnt, die einen eigenen Staat anstrebt, in dem Zwerge, Elfen und Menschen ohne Rassenschranken gemeinsam leben sollen. Davon, wessen Hilfe wir annehmen, um so schnell wie möglich dorthin zu gelangen, wird abhängen, auf welcher Seite des Konflikts wir den zweiten Akt erleben werden. Gehen wir mit Roche, finden wir uns im Heerlager der Kaedwiner wieder. Schließen wir uns dem Elfenführer Iorweth an, der mit seinen Freischärlern die Wälder um Flotsam unsicher macht, werden wir uns hinter den trutzigen Mauern der Zwergenstadt
Vergen einfinden. Noch trennt die beiden kampfeslustigen Parteien ein magischer Nebel. Um Triss weiter folgen zu können, werden wir ihn auflösen müssen – womit wir gleichzeitig die Voraussetzung für Mord und Totschlag und weitere fatale Verwicklungen liefern.
Diese Zweigleisigkeit der Handlung ab dem Ende des ersten Aktes in Flotsam setzt CDP mit absoluter, bahnbrechender Konsequenz um. Der 2. Akt besteht nicht einfach nur aus zwei unterschiedlichen Startpunkten - er bietet vielmehr zwei völlig unterschiedliche Plotverläufe und Schauplätze. Der 2. Akt ist zwei Akte, ab hier wird The Witcher: Assassins of Kings zu zwei Spielen. Das ist von der Spielstruktur her ziemlich atemberaubend. Ich persönlich empfand hier auch keinen Abfall in der Spielintensität gegenüber Flotsam, wie er von vielen immer wieder beschrieben wird. Und galt unsere Loyalität am Ende von Akt 1 einzig und allein der verschwundenen Zauberin, so wird sich das am Ende dieses zweiten Aktes nicht mehr ohne weiteres sagen lassen. An dieser Stelle nun setzt CDP noch einen drauf – indem sie uns in Akt 3 vor die Qual der Wahl stellen. Ist unsere Priorität immer noch die Rettung
von Triss? Oder fühlen wir uns nach den Erlebnissen des 2. Aktes der Zukunft Temeriens oder des um seine Freiheit kämpfenden Pontartals verpflichtet?
Vier mögliche Enden stehen uns damit zur Auswahl, zwei pro Spieldurchlauf. Weil diese Wahl eine dringliche ist, empfand ich persönlich Akt 3 überhaupt nicht als zu kurz. Triss in Not, nebenan beim Kongress der Mächtigen das Schicksal der Nördlichen Königreiche auf der Kippe – und ich soll noch mal ein paar Runden durch irgendwelche Dungeons drehen und Monster kloppen, um noch ein bisschen an mir herum zu leveln? Haut nicht hin. Passt nicht zur Art der hier gewählten Erzählung. Und wird deswegen von CDP auch nicht gemacht. Stattdessen gibt es ein typisches Sapkowski-Ende: entweder – oder. Große Politik hier,
private Interessen dort – welche Wahl ich auch treffe, es wird ein Nachgeschmack bleiben, Menschen werden wegen meiner Entscheidung leiden müssen. Ein Hundert-Prozent-Ende gibt es hier nicht. Doch im Unterschied zu Mass Effect ist das hier schlicht und ergreifend nur konsequent. CDP – ich ziehe meinen Hut.
Dienstverpflichtung bei König Foltest steht dem im Weg und ist eine Last. Wenn wir auf dem Weg zum Finale des Prologs hinauf zum wartenden Königsmörder gehen, wähnt er sich kurz am Ziel, da Foltest ihm eben die Auflösung seines Dienstes zusichert. Einige Momente später bricht alles in sich zusammen und Geralt muss sich plötzlich von einem lebensbedrohlichen Verdacht reinwaschen. Und wieder wird es nichts mit dem Rückzug ins Private. Stattdessen sehen wir uns plötzlich an der Seite von Vernon Roche, einem finsteren Faktotum des temerischen Geheimdienstes, hineingeworfen in die Intrigen und Landräubereien der
nördlichen Königshäuser, inklusive aufmüpfiger Zauberinnen und eines merkwürdigerweise immer gegenwärtigen Nilfgaarder Chefdiplomaten. Wer ist Freund, wer ist Feind, wer benutzt uns aus welchem Grund wofür? Und dann verschwindet am Ende von Akt 1 auch noch Triss unter Umständen, die uns um ihr Leben fürchten lassen müssen. Die Frau, die den Schlüssel zu unserer Vergangenheit besitzt und in die wir uns womöglich gerade verliebt haben.
Die damsell in distress – klar, auch im Videospiel ein alter Trick. Mario, Prince of Persia, Link, Raz, Max Payne – wer will die Namen nennen. Ob wir dazu bereit sind, uns emotional auf diesen alten Plot-Kniff einzulassen, davon wird abhängen, ob wir mit der Erzählstruktur von Witcher 2 glücklich werden oder nicht. Bei mir hat es funktioniert, ich war gemeinsam mit
Geralt in höchster Sorge. Nix wie weg aus Flotsam! Die Spur weist nach Vergen, wo sich gerade ein Krieg zwischen Kaedwins König Henselt und der Drachentöterin Saskia anbahnt, die einen eigenen Staat anstrebt, in dem Zwerge, Elfen und Menschen ohne Rassenschranken gemeinsam leben sollen. Davon, wessen Hilfe wir annehmen, um so schnell wie möglich dorthin zu gelangen, wird abhängen, auf welcher Seite des Konflikts wir den zweiten Akt erleben werden. Gehen wir mit Roche, finden wir uns im Heerlager der Kaedwiner wieder. Schließen wir uns dem Elfenführer Iorweth an, der mit seinen Freischärlern die Wälder um Flotsam unsicher macht, werden wir uns hinter den trutzigen Mauern der Zwergenstadt
Vergen einfinden. Noch trennt die beiden kampfeslustigen Parteien ein magischer Nebel. Um Triss weiter folgen zu können, werden wir ihn auflösen müssen – womit wir gleichzeitig die Voraussetzung für Mord und Totschlag und weitere fatale Verwicklungen liefern.
Diese Zweigleisigkeit der Handlung ab dem Ende des ersten Aktes in Flotsam setzt CDP mit absoluter, bahnbrechender Konsequenz um. Der 2. Akt besteht nicht einfach nur aus zwei unterschiedlichen Startpunkten - er bietet vielmehr zwei völlig unterschiedliche Plotverläufe und Schauplätze. Der 2. Akt ist zwei Akte, ab hier wird The Witcher: Assassins of Kings zu zwei Spielen. Das ist von der Spielstruktur her ziemlich atemberaubend. Ich persönlich empfand hier auch keinen Abfall in der Spielintensität gegenüber Flotsam, wie er von vielen immer wieder beschrieben wird. Und galt unsere Loyalität am Ende von Akt 1 einzig und allein der verschwundenen Zauberin, so wird sich das am Ende dieses zweiten Aktes nicht mehr ohne weiteres sagen lassen. An dieser Stelle nun setzt CDP noch einen drauf – indem sie uns in Akt 3 vor die Qual der Wahl stellen. Ist unsere Priorität immer noch die Rettung
von Triss? Oder fühlen wir uns nach den Erlebnissen des 2. Aktes der Zukunft Temeriens oder des um seine Freiheit kämpfenden Pontartals verpflichtet?
Vier mögliche Enden stehen uns damit zur Auswahl, zwei pro Spieldurchlauf. Weil diese Wahl eine dringliche ist, empfand ich persönlich Akt 3 überhaupt nicht als zu kurz. Triss in Not, nebenan beim Kongress der Mächtigen das Schicksal der Nördlichen Königreiche auf der Kippe – und ich soll noch mal ein paar Runden durch irgendwelche Dungeons drehen und Monster kloppen, um noch ein bisschen an mir herum zu leveln? Haut nicht hin. Passt nicht zur Art der hier gewählten Erzählung. Und wird deswegen von CDP auch nicht gemacht. Stattdessen gibt es ein typisches Sapkowski-Ende: entweder – oder. Große Politik hier,
private Interessen dort – welche Wahl ich auch treffe, es wird ein Nachgeschmack bleiben, Menschen werden wegen meiner Entscheidung leiden müssen. Ein Hundert-Prozent-Ende gibt es hier nicht. Doch im Unterschied zu Mass Effect ist das hier schlicht und ergreifend nur konsequent. CDP – ich ziehe meinen Hut.
Neues Land
Vieles bliebe hier noch zu sagen. Seit Fallout 1 und Arcanum kann ich zum ersten Mal wieder die finale Konfrontation mit einem Gespräch beilegen und mein Schwert stecken lassen, wenn ich dies für richtig erachte. Witcher 2 bietet die Begegnung mit mehreren starken, faszinierenden Frauen. Jeder der zwei Story-Wege bietet mir einzigartige Erlebnisse, Quests und Schauplätze, die im Gedächtnis haften bleiben. Allein die Möglichkeit, in einer
Entscheidung tatsächlich zum Königsmörder zu werden und sich dabei auch noch moralisch im Recht fühlen zu können – reifes Erzählen. Hier wurde ein neues Niveau erreicht. Ja, das geht auf Kosten von Dingen, die ich in RPG´s immer sehr gemocht habe und auch immer noch mag und die mir auch The Witcher noch bot. Aber was ich hier gewinne, macht diesen Verlust für mich mehr als wieder wett. Ich verspreche mir unglaublich viel vom dritten und wie ich denke, finalen Teil der Serie. Zum Beispiel von der bevorstehenden Begegnung zweier
einzigartiger Frauen, die bei Sapkowski am Ende des fünften und letzten Romans folgende kurze Unterhaltung führten:
„Genug der Diskussion!“, knurrte Yennefer. „Mehr Demut,
du arrogantes Weibsstück! Das ist mein Mann, meiner und nur meiner! Verstanden?
Du sollst aufhören, von ihm zu reden, aufhören, an ihn zu denken, aufhören,
seinen edlen Charakter zu bewundern … Sofort, auf der Stelle! Ach, ich hätte
Lust, dich bei diesen roten Loden zu packen …“
„Versuch´s nur!“, schrie Triss. „Versuch´s nur, du Ziege, und ich kratze dir die Augen aus! Ich …“
Geralt, zieh Dich schon mal warm an.
Entscheidung tatsächlich zum Königsmörder zu werden und sich dabei auch noch moralisch im Recht fühlen zu können – reifes Erzählen. Hier wurde ein neues Niveau erreicht. Ja, das geht auf Kosten von Dingen, die ich in RPG´s immer sehr gemocht habe und auch immer noch mag und die mir auch The Witcher noch bot. Aber was ich hier gewinne, macht diesen Verlust für mich mehr als wieder wett. Ich verspreche mir unglaublich viel vom dritten und wie ich denke, finalen Teil der Serie. Zum Beispiel von der bevorstehenden Begegnung zweier
einzigartiger Frauen, die bei Sapkowski am Ende des fünften und letzten Romans folgende kurze Unterhaltung führten:
„Genug der Diskussion!“, knurrte Yennefer. „Mehr Demut,
du arrogantes Weibsstück! Das ist mein Mann, meiner und nur meiner! Verstanden?
Du sollst aufhören, von ihm zu reden, aufhören, an ihn zu denken, aufhören,
seinen edlen Charakter zu bewundern … Sofort, auf der Stelle! Ach, ich hätte
Lust, dich bei diesen roten Loden zu packen …“
„Versuch´s nur!“, schrie Triss. „Versuch´s nur, du Ziege, und ich kratze dir die Augen aus! Ich …“
Geralt, zieh Dich schon mal warm an.